Flugtickets – eine Wissenschaft für sich
Warum Flugticketbuchungen alles andere als trivial sind
In der Corona-Pandemie erlebten viele Reisende, dass sich das superbillige Mega-Preisschnäppchen-Flugticket aus dem Internet plötzlich als teures Vergnügen herausstellte. Gerade in den Ferienzeiten erhielten wir immer wieder Anrufe von Reisenden, die ein Flugticket im Internet gebucht hatten und mit dem Verstehen der teils sehr komplexen Ein- und Rückreisebedingungen überfordert waren. Oder sie konnten keine Umbuchung vornehmen, da sich das Onlineportal, bei dem sie das Ticket gebucht hatten, für nicht zuständig erklärte. Diese Anrufer erwarteten von uns, dass wir hier eine ausführliche Beratung durchführen, und dies kostenlos. Das können wir nicht. Leider rangierten die Reaktionen auf unsere Ablehnung zwischen Unverständnis und Beleidigungen.
Der Tarifdschungel bei Flugtickets ist inzwischen so dicht, dass eine kurze Unachtsamkeit teure Folgen haben kann. Der Blick sollte deshalb auf die Freigepäckregelungen sowie die Umbuchungs- und Stornierungsbedingungen gerichtet sein.
Fluggesellschaften verschärfen schon seit Jahren ihre Tarifbedingungen, vor allem, wenn es um besonders günstige Preise geht.
Gerade bei Umbuchungen kann es inzwischen sehr schnell sehr teuer werden. Denn zu den Tarifdifferenzen zwischen Preis des alten und des neuen Tickets kommen oftmals noch Gebühren. Was viele nicht wissen: Ist der neue Ticketpreis nach Umbuchung niedriger als der bezahlte Preis des alten Tickets erfolgt keine anteilige Erstattung.
Wird beispielsweise ein Flugticket für eine Fernstrecke in ein Mittelstreckenticket umgebucht, welches 200 Euro günstiger ist, bleibt es beim höheren Fernstreckenpreis.
Wenn das Ticket nicht vollständig und in der gebuchten Reihenfolge genutzt wird, ist in sehr vielen Tarifen verankert, dass die Fluggesellschaft die Differenz - zum Tagespreis! - berechnen und nachbelasten darf. Ist beispielsweise das Flugticket ab Luxemburg via Frankfurt nach Los Angeles günstiger als nur ein Ticket über die Strecke Frankfurt - Los Angeles, so muss dann die Reise tatsächlich in Luxemburg begonnen und beendet werden. Wenn man bspw. erst in Frankfurt eincheckt oder auf dem Rückflug in Frankfurt aussteigt, so gilt das als Vertragsverletzung und wird mit teils horrenden Nachbelastungen geahndet. Außerdem ist es recht wahrscheinlich, dass man das Gepäck dann trotzdem in Luxemburg abholen muss und es nicht in Frankfurt am Gepäckband vorfindet.
Auch bei nicht stornierbaren Tickets gibt es manchmal Geld zurück
Bei einer Stornierung ist oftmals der reine Ticketpreis verloren. Aber die Steuern und Gebühren für noch nicht in Anspruch genommene Leistungen, die gerade bei Spartickets einen guten Teil des Gesamtpreises ausmachen, können zurückgefordert werden. Allerdings gibt es auch „Taxes“ (in der Regel mit einem Y beginnend), die Airlines nicht erstatten. Dahinter verstecken sich Serviceentgelte, die sich die Fluggesellschaft zusätzlich zum Beförderungspreis einverleibt.
Aber selbst wenn eine Stornierung möglich ist, kann es neben dem Verlust des gezahlten Ticketpreises zu weiteren Kosten kommen. Bei vielen günstigen Tarifen berechnen die Gesellschaften eine Stornierungsgebühr, die mit den zu erstattenden Steuern und Gebühren verrechnet wird. Hier kann es durchaus vorkommen, dass am Ende ein Betrag zugunsten der Airline bleibt, der zu zahlen ist. Aus diesem Grund sollte man sehr genau überlegen, ob es nicht günstiger ist, das Ticket oder Flugsegment einfach ohne Stornierung verfallen zu lassen.
Aber auch hier gilt es, wachsam zu sein: In den Tarifregeln einiger Airlines gibt es spezielle Regeln für „No Shows“, also nicht angetreten Flugsegmente. Dabei ist es unerheblich, ob man nicht rechtzeitig zum Boarding am Gate war oder ein Flugsegment bewusst verfallen lässt. Plötzlich flattert einige Zeit nach dem geplanten Flugdatum dem Reisenden – oder in diesem Fall dem Nichtreisenden – eine zusätzliche Rechnung ins Haus.
Der Nichtantritt eines Fluges ohne Stornierung kann teuer werden
Nahezu alle Airlines haben heute in ihren Tarifbedingungen einen Satz wie „Alle Flugsegmente müssen in der vorgegebenen Reihenfolge angetreten werden.“. Dieser unscheinbare Satz hat es kostentechnisch in sich. Denn gibt es eine „No Show“-Gebühr im Regelwerk, so wird diese automatisch bei Nichtantritt von der Airline berechnet, ggf. zusätzlich zu Preisdifferenzen.
Nehmen wir einmal an, Anna hat einen Linienflug nach New York gebucht. Dort angekommen (erstes Flugsegment genutzt) entscheidet sie sich, aufgrund der aktuellen Lage, den Urlaub zwei Tage früher zu beenden. Da die Umbuchung des Linienflugtickets teurer wäre als der Preis eines Oneway-Tickets einer Chartergesellschaft, lässt er einfach den geplanten Rückflug verfallen. Einige Wochen nach dem Urlaub erhält Anna eine Rechnung über 300 Euro No Show-Gebühr plus die Preisdifferenz, die sich rechnerisch aus einer Umbuchung in ein Oneway-Ticket (Frankfurt-New York) ergeben hätte. Erstattbare Steuern und Gebühren werden natürlich abgezogen.
Diese Rechnung über mehrere hundert Euro muss Anna bezahlen, da sie mit dem ursprünglichen Ticketkauf den Tarifbedingungen zugestimmt hat. Fluggesellschaften lassen in diesen Fällen erfahrungsgemäß keine Kulanz walten und treiben auch mit Anwälten ihr Geld ein.
Hier wäre es tatsächlich günstiger gewesen, Anna hätte den Rückflug storniert. Zwar wäre dies auch nicht kostenfrei möglich gewesen, aber insgesamt erheblich günstiger.
Gerade die in der Coronapandemie anfänglich kulante Handhabung der Fluggesellschaften haben Reisende zur Annahme veranlasst, dass bei Verschärfung der Ein- oder Rückreisebedingungen eine Umbuchung oder Stornierung einfach und kostenfrei möglich ist. Dies ist schlichtweg falsch. Wird der Flug durchgeführt hat die Airline das Anrecht auf den Flugpreis. Wenn Reisende die notwendigen Bedingungen (Impfstatus etc.) nicht erfüllen, so ist dies das eigenes Risiko und bietet keinerlei Möglichkeit für einen Rücktritt vom Beförderungsvertrag.
Augen auf beim Flugticketkauf
Wer sich der Risiken bewusst ist und die Tarifbedingungen ausgiebig vor einer Buchung studiert, kann solchen Fallen entgehen. Manche Punkte kann man zu günstigen Preisen durch eine Reiseversicherung, die unbedingt auch für einen Reiseabbruch gelten sollte, abfedern.
Leider bleibt ein Risiko, welches sich derzeit auch nicht versichern lässt: Im Falle der Insolvenz einer Airline und Einstellung ihres Flugbetriebs haben Reisende das Nachsehen. Hier ist dann das gezahlte Geld weg und die Kosten für das neue Ticket werden von niemandem erstattet.
Warum es clever ist, ein Flugticket im Reisebüro zu erwerben
Die Buchung in einem Reisebüro ist in den meisten Fällen etwas teurer. Dafür gibt es aber kompetente Beratung und der Ansprechpartner steht zu jeder Zeit dem Reisenden zur Seite - vor, während und auch noch nach der Reise. Der Reiseexperte kennt auch die jeweiligen Einreisebedingungen der Urlaubsziele sowie die Anforderungen der verschiedenen Airlines und berät hierzu umfassend.
Besonders wichtig ist dieser Service, wenn einmal etwas nicht so verläuft wie geplant. Die Reiseexperten wissen, was zu tun ist, haben oftmals die passenden Kontaktdaten sofort parat und unterstützen die Kunden mit allen Kräften.
Aber warum ist das Ticket im Reisebüro zumeist teurer als auf der Airline-Website?
Ganz einfach: Fluggesellschaften zahlen keine Vermittlungsprovisionen. Das vom Reisebüro berechnete Service-Entgelt deckt die entstehenden Kosten für die professionelle Beratung, die eingesetzte Technik für wirklich neutrale Preisvergleiche und wertvolle, zusätzliche Services wie Einreisebedingungsupdates.
© Michael Luh, SIGHTLIVING e.K., 2024 - Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung.